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    Antioxidantien - für welche Patienten ?

    von Gerd Nagel und Steffen Theobald, Freiburg

    Ein Antioxidantien-Programm vom Netzwerk Patientenkompetenz soll die Beratung in der Apotheke künftig unterstützen, indem es Basis- und Anwendungsinformationen zu Antioxidantien in einer Datenbank sammelt und auswertet.

    Kürzlich wurde ein Netzwerk von Apotheken mit dem Ziel gegründet, die Beratungskompetenz und Beratungsleistungen für den Kunden systematisch auszubauen. Eine spezielle Datenbank für Antioxidantien soll jetzt die Beratung und Anwendung in diesem Gebiet auf eine rational begründete Basis stellen. Lehrmaterialien und Empfehlungen zur Anwendung von Antioxidantien informieren die am Programm teilnehmenden Apotheken und dienen der kontinuierlichen Weiterbildung.

    Antioxidantien fangen freie Radikale

    Freie Radikale entstehen sowohl bei normalen Stoffwechselprozessen und unter Stressbedingungen als auch durch äußere Einflüsse wie UV-Licht, radioaktive und Röntgenstrahlen, Arzneimittel, Ozon, Tabakrauch, Umweltgifte wie Herbizide, Pestizide oder Lösungsmittel (1). Eine Anflutung hoher Konzentrationen freier Radikale und ihrer Reaktionsprodukte im Blut wird allgemein „oxidativer Stress“ genannt.

    Durch freie Radikale, insbesondere radikale Sauerstoffspezies (ROS), hervorgerufene Oxidationsschäden auf zellulärer und subzellulärer Ebene werden mit der Pathophysiologie einer Vielzahl chronischer Erkrankungen, darunter auch Krebserkrankungen, in Zusammenhang gebracht (2). ROS sind andererseits aber auch physiologische Komponenten der körpereigenen Abwehr. Das Oxidative/Antioxidative Systems (OAS) wird durch Antioxidantien und die Enzymsysteme Glutathiontransferase, Glutathionperoxidase, Superoxiddismutase und Katalase reguliert.

    Antioxidantien sind Substanzen, die in der Lage sind, ROS zu neutralisieren. Dies sind vor allem pflanzliche Nahrungsbestandteile, vorwiegend Carotinode, phenolische Verbindungen wie Phenolsäuren, Flavonoide, Isoflavonoide sowie die Vitamine A, C, E und die Spurenelemente Selen, Zink, Kupfer, Mangan und Eisen. Letztere sind essentielle Bestandteile von Enzymen der antioxidativen und zytoprotektiven Schutzmechanismen des Körpers (1). Obwohl es allgemeine Erkenntnisse zum Antioxidantienbedarf des Menschen gibt, können heute noch keine genauen Aussagen zum individuellen Bedarf in unterschiedlichen Situationen gemacht werden (3).

    Schäden durch Antioxidantien

    Antioxidativ wirkende Vitaminpräparate und Spurenelemente als Nahrungsergänzungsmittel sind sehr beliebt. Dass Antioxidantien allerdings vor allem zur Kompensation von ungünstigen Ernährungsgewohnheiten eingenommen werden, bestätigte sich nicht (4,5). Es scheinen vielmehr diverse Laientheorien eine Rolle zu spielen, die bisher noch wenig untersucht wurden.

    Medizinisch gesehen ist eine unkontrollierte, unkritische Einnahme von Antioxidantien nicht unbedenklich. Es kann durchaus zu Überdosierungen und Vergiftungen, zur Störung physiologischer Abwehrvorgänge oder zu unerwünschten Arzneimittelinteraktionen kommen. Derartige Bedenken, wie auch die Frage der Kontraindikationen von Antioxidantien in der Onkologie, werden zwar sehr kontroverse diskutiert, jedoch liegen kaum wissenschaftliche Daten aus klinischen Studien hierzu vor (6,7,8).

    Oxistatus messen

    In den letzten Jahren werden die Fragen kompetenter Patienten und Kunden zu Antioxidantien immer präziser: Welche Antioxidantien in welcher Situation; als Monosubstanz oder Kombination; was versteht man unter orthomolekularen Formulierungen; wie verhält es sich mit der Bioverfügbarkeit chemisch reiner Substanzen versus natürlicherweise vorkommenden Extrakten; werden Wirkungen und Wirksamkeit von bestimmten Medikamenten durch Zugabe von Antioxidantien beeinflusst? Präzise Antworten lassen sich auf derartige Fragen in den meisten Fällen nicht geben – ein Dilemma für die Beratungsapotheke.

    Der Funktionszustand des Oxisystems des Menschen kann heute noch nicht in seiner Gesamtheit diagnostisch erfasst werden. Es gibt jedoch eine Reihe von meist aufwändigen Methoden, die einzelne Teilaspekte beschreiben und bestimmte biochemische und zelluläre Marker dieses Systems messen. Wie aussagekräftig die diagnostische Abbildung einzelner Teilaspekte des Oxisystems für das Gesamtsystem, für die Indikationsstellung einer Supplementierung und für die Bildung medizinischer und wissenschaftlicher Hypothesen sind, bleibt abzuklären (9).

    Für die Beratung in der Apotheke wäre es wünschenswert, man könnte die individuellen Ernährungs- und Antioxidantienempfehlungen zu bestimmten Messparametern des Oxisystems beziehungsweise zu definierten Erfolgsparametern der Anwendung von Antioxidantien in Beziehung setzen.

    Viele Labors geben an, das OAS von Patienten messen und daraus individuelle Therapieempfehlungen ableiten zu können. Sie sind aber in der Regel nicht bereit - angeblich zur Absicherung gegen die Konkurrenz -, genaue Angaben zu ihren Messverfahren und Empfehlungen zur Einnahme, Dosierung und Zusammensetzung von Antioxidantien-Cocktails zu machen. Ihre Behauptungen stehen im Gegensatz zum publizierten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass es heute noch nicht möglich und sinnvoll ist, individuelle Oxistaten im therapeutischen Kontext zu bestimmen (10).

    Andererseits gibt es seit kurzem neue, auch für die Praxis geeignete Methoden zur Messung von Hydroperoxiden im Kapillarblut. Hydroperoxide sind Lipidperoxidationsprodukte, die im Körper unter dem Einfluss von ROS entstehen. Die neuen Messmethoden wurden bisher jedoch noch nicht hinreichend in Bezug auf ihren Stellenwert für die Beratungsroutine evaluiert (11,12).

    Datenbank zur Orientierung

    Ziel des Antioxidantien-Programms ist es, eine Datenbank zu schaffen, die die rationale Grundlage für eine Beratung in der Apotheke verbessert. Dokumentiert wird dabei:
    • das Vorkommen und die Verteilung von normalen und von der Norm abweichenden Oxistaten bei unterschiedlichen Personengruppen
    • der Verlauf von Oxistaten unter Anwendung unterschiedlicher Antioxidantien
    • Gründe für die Akzeptanz und Präferenz von Antioxidantien (Laientheorien).

    Daraus sollen Grundlagen zur Schulung von Patientenberatern sowie Arbeitsmaterialien erarbeitet und ständig aktualisiert werden. Zudem möchte das Antioxidantien-Programm eine kontinuierliche Weiterbildung auf den Gebieten Antioxidantien, Nahrungsergänzung, gesunde Ernährung und komplementärmedizinische Beratungstechnik ermöglichen.

    Weitere Aufgaben bestehen darin, Messmethoden des Oxistatus für die Beratungsapotheke zu evaluieren und Hypothesen für wissenschaftliche Untersuchungen über die Zusammenhänge zwischen Oxistatus, Antioxidantien-Einnahme, Gesundheitsstörungen und Interaktionen mit therapeutischen Maßnahmen zu generieren.


    Die Entstehung des Programms Die Initiative für das Antioxidantien-Programm ist von Ärzten und Apothekern ausgegangen, die Mitglieder des BVA-Netzwerks Patientenkompetenz sind (13). Die Gruppe arbeitet die aktuelle Anwendungspraxis von Antioxidantien im therapeutischen Kontext, in der gesundheitlichen Vorsorge und in der Selbsthilfe auf. Da die heutigen Kenntnisse zu Antioxidantien nicht ausreichen, um Richtlinien zu formulieren, plant sie eine Datenbank, die über die unterschiedlichen Antioxidantien informieren soll. Die Daten werden so konfiguriert, dass sie in äußerst variabler Form zu einander in Beziehung gesetzt werden können. Damit sollen bestimmte Gesetzmäßigkeiten erkannt, Hypothesenbildungen ermöglicht und vor allem praktische Erkenntnisse für die Beratung zu Antioxidantien abgeleitet werden.

    Routinemäßig in der Beratungsapotheke erhobene Daten werden nun auf vorgegebenen Bögen dokumentiert, online oder per Fax an ein biometrisches Zentrum übermittelt und dort ausgewertet. Zur Analyse der Daten wird eine biometrische Methode gewählt, die flexibel an einzelne Fragestellungen und Auswertungsmodelle angepasst werden kann. So sollen beispielsweise sowohl Kohorten- als auch matched pair Analysen vorgenommen werden können. Die Daten werden unmittelbar nach der Datenmeldung durch die Apotheke in den Datenspeicher des biometrischen Zentrums eingegeben und die Empfehlungen gegebenenfalls aktualisiert.

    Dies ermöglicht den am Programm teilnehmenden Apotheken, das Evidenz basierte Wissen über Antioxidantien kontinuierlich zu verbessern und die Kundenbindung zu vertiefen.



    Antioxidantien gezielt auswählen

    Die Oxistaten der am Programm teilnehmenden Kunden werden von den Apotheken selbst erhoben. Sofern die Apotheken nicht bereits Oxistatus-Messungen vornehmen können und entsprechende Methoden etabliert haben, berät das Antioxidantien-Programm bei der technischen Ausstattung. Das Personal wird entsprechend geschult.

    Mit welcher Messmethodik die Oxistaten der Kunden in den Apotheken erhoben werden, wird im Programm nicht vorgeschrieben. Es können alle möglichen und gleichzeitig auch mehrere Methoden zur Anwendung kommen. Im Datenpool werden diese Methoden und unterschiedlichen Ergebnisse jedoch alle dokumentiert. Damit lassen sich im Laufe der Zeit auch die Messmethoden untereinander vergleichen.

    Wenn nichts für oder gegen die Einnahme bestimmter Antioxidantien spricht, so sollten die am Programm teilnehmenden Kunden ihr individuelles Antioxidantie-Schema aus dem in der Apotheke zur Verfügung stehenden Angebot selbst auswählen. Dabei erfasst der Apotheker die Gründe persönlicher Präferenzen, um mehr über die individuellen Denkstile zu erfahren.

    Wenn Kunden ihre Antioxidantien nicht persönlich wählen wollen oder können, entscheidet der Apotheker gemeinsam mit dem Kunden. Hierzu wird das Antioxidantien-Programm voraussichtlich bald Evidenz-basierte Empfehlungen bei Einzelpersonen geben können.

    Die Laufzeit des Antioxidantien-Programms wird bei mindestens drei Jahren liegen. Schon jetzt steht fest, dass mehrere Hundert Apotheken teilnehmen und pro Jahr die Daten von mehreren Tausend Kunden einbringen werden.


    Zwei Phasen Die Phase 1 des Programms hat am 11. Mai 2003 begonnen und umfasst die
    • Gründung einer Arbeitsgruppe Antioxidantien. Diese hat den Auftrag, das Programm für die Phase 2 zu strukturieren und die Logistik zu etablieren.
    • Registrierung von Apotheken, die am Programm teilnehmen wollen.
    • Beratung der teilnehmenden Apotheken.
    • Implementierung eines ersten Testlaufs mit einem provisorischen Arbeitsprotokoll.
    • Testung des biometrischen Modells.
    • Validierung aller Einzelschritte des Programms.
    • Etablierung eines Systems der Qualitätssicherung der Methoden, der Datenverarbeitung und des Beratungsstandards.
    • Erstellung des definitiven Arbeitsprotokolls für die Phase 2.

    Die Phase 2 des Programms soll spätestens am 1. April 2004 anlaufen. Diese ist dann die eigentliche Durchführungsphase des Programms.



    Zielgruppen

    Die Dokumentation soll die Daten möglichst vieler, unterschiedlicher Personengruppen umfassen, das heißt, Männer und Frauen aller Altersgruppen, jeder Lebensweise und eines jeden Gesundheitszustandes.

    Die Teilnahme des Kunden ist freiwillig, und die Kosten für die Messung des Oxistatus und der Antioxidantien tragen, wie bisher auch, die Kunden selbst. Als Gegenleistung erhalten sie in der Apotheke auf neuesten Daten basierende Informationen zum individuellen Oxistatus und zu dessen Beeinflussung.

    Am Programm können Apotheken teilnehmen, die auf dem Sektor der Antioxidantien-Beratung aktiv tätig sind oder tätig werden wollen.

    Interessenten, die bereits in der Phase 1 des Programms mitmachen möchten oder weitere Auskünfte wünschen, erhalten alle relevanten Informationen über die folgende Adresse:

    Antioxidantien-Programm
    Klinik für Tumorbiologie
    Breisacherstraße17
    79106 Freiburg
    Telefon (07 61) 20 6-12 01 (Professor G. Nagel) oder
    (07 61) 20 6-18 94 (S. Theobald)
    Fax (07 61) 20 6-12 05
    clemenceau@tumorbio.uni-freiburg.de oder
    theobald@tumorbio.uni-freiburg.de



    Kurs auf der Expopharm

    Auf der Expopharm 2003 in Köln findet ein eintägiger Informations- und Schulungskurs zum Thema Antioxidantien in der Beratungsapotheke statt. In diesem Kurs wird auch das Antioxidantien-Programm vorgestellt und eine praktische Einführung in die technische Bestimmung von Oxistaten in der Apotheke gegeben.

    Sonderkonditionen

    Apotheken oder Apothekenmitarbeiter, die Mitglied im BVA-Netzwerk Patientenkompetenz sind, können am Antioxidantien-Programm zu bestimmten Sonderkonditionen teilnehmen. Interessenten erhalten Auskünfte über die Hotline des Netzwerks (Telefon (030) 36 28 48 04), per Fax (030) 3 61 00 66, E-Mail: netzwerk@bva-online.de oder unter www.BVA-online.de.





    Literatur
    1. Löffler, G., Petrides, P.E., Biochemie und Pathobiochemie, 7. Auflage. Springer Heidelberg, 2002
    2. Rimm, E.B., Stampfer, M.J., Antioxidants and chronic disease: evidence from observational epidemiology. Bibl. Nutr. Dieta. 55 (2001) 80-91
    3. DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung), Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft für Ernährungsforschung, Schweizerische Vereinigung für Ernährung, Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, 1. Auflage. Umschau Braus Frankfurt/M, 2000.
    4. Klipstein-Grobusch, K., Einfluss von Lebensstilfaktoren auf die Verwendung von Supplementen in der Brandenburger Ernährungs- und Krebsstudie. Z. Ernährungswiss. 37 (1998) 38-46
    5. Mensink, G.B.M., Ströbel, A., Einnahme von Nahrungsergänzungspräparaten und Ernährungsverhalten. Gesundheitswesen 61, Sonderheft 2 (1999) 132-137
    6. Biesalski, H.K., et al., Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Thieme Stuttgart, 2002
    7. Gröber, U., Orthomolekuare Medizin, 2. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2002
    8. Lamson, D.W., Brignal, M.S., Antioxidants in cancer therapy. Their actions and interactions with oncologic therapies. Altern. Med. Rev. 4 (1999) 304-329
    9. Cao, G., Prior, R.L., Comparison of different analytical methods for assessing total antioxidant capacity of human serum. Clin. Chem. 44 (1998) 1309-1315
    10. Böhm, V., Bestimmung der antioxidativen Kapazität – methodische Ansätze und Bewertung. Ernährungs-Umschau 47 (2000) 372-375
    11. Cornelli, U., et al., Bioavailability and antioxidant activity of some food supplements in men and women using the D-Roms test as a marker of oxidative stress. J. Nutr. 13 (2001) 3208-3211
    12. Cesarone, M.R., et al., A simple test to monitor oxidative stress. Int. Angiol. 18 (1999) 127-130
    13. Nagel, G., et al., Das BVA-Netzwerk Patientenkompetenz. DAZ 143 Nr. 17 (2003) 2052-2058
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  • #2

    Schäden durch Antioxidantien ...

    guter Hinweis, denn nicht immer ist ein Überschuss an Antioxidantien gut !

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